Falscher Beruf: Innerlich schon gekündigt, aber keine Ahnung, wie es weitergehen soll

Falscher Beruf – Es geht vielen so

[dropcap]Z[/dropcap]wei Jahre ist es her, dass Vanessa von einer großen Firma zu einem kleinen unbekannten Unternehmen umgesattelt hat. Als Senior Business Analyst und mit den Referenzen der vorherigen Firma hätte man sie überall mit Handkuss genommen. Sie aber wollte einfach nur weg von den Überstunden, dem Mikromanagement ihres Vorgesetzten und der Ellenbogenmentalität der Kollegen. Das kleine Unternehmen erschien zunächst perfekt: Sie betreute nur vereinzelte Kunden anstatt die Arbeit von Junior Analysts im Akkord zu kontrollieren.

Die ersten Monate kamen Vanessa im Vergleich zum vorherigen Job fast wie Urlaub vor. Jeden Abend pünktlich um 17:30 verließ sie das Büro und hatte endlich wieder Zeit für sich selbst, Freunde und ihre Familie, die sie die vorherigen Jahre wegen ihres Jobs mehr als vernachlässigt hat.

Mit der freien Zeit an Wochenenden begann sie ihrer Leidenschaft, der Mode, nachzugehen. Jeder ihrer Freunde wusste, dass sie ein ganz besonderes Gespür für die neuesten Trends hatte und sie bekam auch täglich Komplimente für ihr Outfit, ihre Schuhe oder ihre Ohrringe. Der neue Job war zudem ein Karrieresprung und bedeutete nicht nur, dass sie mehr Gehalt bekam, sondern auch, dass sie die Entscheidungen ab jetzt selbst fällt. Ihr neuer Boss war mehr als zufrieden mit ihr. Sie errichtete ihre Arbeit perfekt, innerhalb der vorgegebenen Zeit und für die Kunden hatte sie ebenfalls immer ein offenes Ohr.

Doch als sie sich langsam von dem Stress des Jobs der großen Firma erholte, begann sie abzudriften. Immer wieder erwischte sie sich selbst dabei, wie sie während der Arbeit nach Modeseiten googelte. Einfach so während der Arbeit im Internet zu surfen konnte sie sich davor im Großraumbüro natürlich gar nicht erlauben.

Dann erkannte sie endlich, dass die Arbeit als Business Analyst ihr keine Freude bereitet. Das hatte es auch noch nie so richtig, aber zuvor hatte ihr einfach die Zeit zum Nachdenken gefehlt. Wie ein Roboter erledigte sie ihre Arbeit bei der großen Firma und jetzt kennt sie ihren Job in und auswendig und langweilt sich fast ein bisschen. Mittlerweile hat sie auch schon 9 Fehltage angesammelt. Krank war sie an diesen Tagen nicht, allerdings kam sie aus mangelnder Motivation einfach nicht aus dem Bett. 

Wieso man den falschen Beruf gewählt hat

Manch einer erkennt erst durch einen Jobwechsel, dass der Job nie das Problem war, sondern es einfach an dem falschen Beruf gelegen hat. Eintönige Arbeit ändert sich nicht, selbst wenn man mehr Verantwortung in einer Position bekommt.

Oft ist es das Leistungsfach in der Schule, dass für viele den Weg vorgibt. Andere wählen ihren Beruf, weil sie diesen empfohlen bekommen haben oder einfach nur diesen Job bekommen haben. Wer von der Familie in eine Ecke gedrängt wurde und einem Beruf nur nachging, da dieser als sicher galt, der wird in den meisten Fällen nicht glücklich mit seiner Wahl werden.

Was tun, wenn man innerlich schon gekündigt hat

Mit der fehlenden Motivation den Job zu erledigen, zieht die Erkenntnis, was man eigentlich mit seiner beruflichen Zukunft machen möchte nicht immer gleichzeitig ein.

Sehen sie Ihren falschen Beruf nicht als Stolperstein an, auch wenn sie dieses Gefühl haben. Wer finanziell auf seinen Job angewiesen ist, sollte sich zunächst im Klaren sein, was man beruflich machen möchte. Ausprobieren geht vor studieren: versuchen sie praktische Erfahrungen in Berufen, die sie interessieren zu bekommen. Ohne diese praktische Erfahrung werden sie nicht herausfinden, was ihnen Freude bereitet. Dies können sie in Form von Seminaren, Workshops oder Freiwilligenarbeit machen. Zusätzlich können Sie Kontakt zu Leuten über Xing oder LinkedIn in ihrer favorisierten Branche aufnehmen und diese fragen, ob sie vielleicht Zeit hätten sich auf einen Kaffee zu treffen und von ihren Erfahrungen berichten.

Kann man die Branche und den Beruf einfach so wechseln?

Ja, das kann man mit. Als Quereinsteiger hat man es nicht immer leicht, allerdings fangen Sie nicht bei Null an. Ihre vorherige Berufserfahrung hat Ihnen sicherlich viele Kenntnisse in Bereichen vermittelt, die sie auf andere Branchen anwenden können. Für viele Quereinsteigern Berufe gibt es auch nicht nur ein passendes Studium und so kommen Bewerber aus den verschiedensten Bereichen.

Wieso man nicht in einem langweiligen Job ausharren sollte

Wer nicht in seinem jetzigen Job zufrieden ist, der sollte dies nicht hinnehmen. Der erste Schritt in die richtige Richtung ist die Erkenntnis darüber, dass man nicht zufrieden ist. Viele Leute gestehen sich nicht ein, dass sie nicht zufrieden sind oder glauben, dass es für einen Karrierewechsel zu spät ist. In dem ungeliebten Job auszuharren, scheint für viele daher unumgänglich zu sein. Doch die fehlende Motivation an dem eigentlichen Job führt früher oder später zu schlechter Arbeit. Wenn Sie nicht zufrieden sind, dann wird Ihr Chef oder Ihre Kollegen dies mit der Zeit auch nicht. Bevor Ihr Chef also die Entscheidung für Sie fällt, dass es Zeit ist für Sie zu gehen, sollten Sie die Zügel wieder in die Hand nehmen und sich ernsthafte Gedanken machen, was Sie eigentlich machen möchten.

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Marlene Schimanski ist die Gründerin und Chefredakteurin von Auslandskarriere. Sie lebte bereits in fünf verschiedenen Ländern (Portugal, Island, Österreich, Irland und Australien) und ist 2013 nach Australien ausgewandert. Sie hat bei PwC und KPMG im Global Mobility gearbeitet, bevor sie sich als Englisch-Übersetzerin und Karrierecoach selbstständig machte. Sie hat einen Masterabschluss in International Business Administration.